In den vorigen Abschnitten wurde davon ausgegangen, daß die Schallwelle sich ungestört ausbreiten kann, also auf keine Hindernisse stößt. In Räumen gibt es eine Vielzahl von Hindernissen, die den Schall an ungestörter Ausbreitung hindern, insbesondere natürlich die Wände. Je nach Art und Beschaffenheit des Hindernisses entstehen verschiedene Phänomene. Im folgenden soll kurz auf diese eingegangen werden.
Trifft eine Schallwelle auf eine ebene Fläche, die groß im Verhältnis zu ihrer Wellenlänge ist, so wird sie reflektiert. Hierfür gilt - genau wie in der Optik - das bekannte Gesetz Einfallswinkel = Ausfallswinkel, das besagt, daß die unter einem Winkel ϑ (die 0°-Achse steht senkrecht auf der Wand) auf die Wand treffende Welle mit einem Winkel -ϑ wieder reflektiert wird. Schall verhält sich hier also wie ein Strahl (s. Abb.Abbildung 2.3, „ Reflexion einer Ebenen Welle mit Einfallswinkel α an einer Wand (aus ???) “.
Je nach Material der Wand sind die Reflexionen allerdings nicht mehr mit dem eintreffenden Schall identisch. Vielmehr reflektieren verschiedene Wandmaterialien verschiedene Frequenzen unterschiedlich gut. Beispielsweise reflektiert eine harte Steinwand den eintreffenden Schall fast verlustlos, während eine mit Stoff bespannte Wand hohe Frequenzen dämpfen wird.
Die Eigenschaft eines (Wand-)materials, nicht die gesamte Schallenergie zu reflektieren, sondern nur einen Teil, kann mit dem Absorptionsgrad α beschrieben werden. Der Absorptionsgrad eines Materials, das keinen Schall reflektiert, sondern alles absorbiert, ist α=1; für eine verlustfrei reflektierende Wand wäre α=0. Für reale Materialien kann der Absorptionsgrad also Werte zwischen 0 und 1 annehmen.
Anmerkung
Bei verlustbehafteter Reflexion (s.o.) spricht man von Schalldämpfung. Wenn man sich dagegen beispielsweise nicht im gleichen Raum, wie das Schallereignis aufhält, sondern im Nebenraum, so erreicht den Hörer nur die Schallenergie, die weder reflektiert noch absorbiert, sondern durchgelassen wurde. Diese Eigenschaft einer Wand bezeichnet man als Schalldämmung
Bei der Reflexion von Schall war die Voraussetzung, daß die reflektierende Fläche groß gegenüber der Wellenlänge ist. Ist die Wellenlänge hingegen in der gleichen Größenordnung wie die Fläche (resp. ihre kleinste Ausdehnung), so werden die Schallwellen nicht mehr reflektiert, sondern gebeugt. Beugung bedeutet, daß die Schallwellen sich um das Hindernis „ herumbiegen“. Ist das Hindernis also klein gegenüber der Wellenlänge, so treten also dahinter kaum Abschattungswirkungen auf, sondern die Schallwelle pflanzt sich hinter dem Hindernis fast genau wie vor dem Hindernis fort (s. Abb.Abbildung 2.4, „ Beugung von Wellen hinter einem Hindernis: (a) Hindernis groß im Vergleich zu der Wellenlänge, (b) Hindernis gleich groß wie die Wellenlänge (aus ???) “).
Abbildung 2.4. Beugung von Wellen hinter einem Hindernis: (a) Hindernis groß im Vergleich zu der Wellenlänge, (b) Hindernis gleich groß wie die Wellenlänge (aus ???)