5.1.1. Verzerrer
Abbildung 5.3, „Simulation eines analogen Verzerrers mit Waveshaping“ zeigt den Einsatz von Waveshaping zur Simulation eines Verzerrers (englisch 'distortion'), wie er beispielsweise als charakteristische Klangtransformation für E-Gitarren eingesetzt wird. Ursprünglich wurde dieser Effekt durch das Übersteuern analoger Eingangsverstärkerstufen erreicht. Das hier dargestellte Waveshaping Verfahren ist eine digitale Simulation des Verhaltens solcher analogen Verstärker.
Die in der ersten Zeile der Abildung dargestellte Form der Verzerrung liesse sich in pd beispielsweise ganz einfach durch den Unitgenerator [clip~ -0.5 0.5] erreichen.
Abbildung 5.3. Simulation eines analogen Verzerrers mit Waveshaping
Durch die scharfe Kante der Transferfunktion an der Stelle, an der das Signal begrenzt wird, entsteht im Ausgangssignal auch eine scharfe Kante, wenn das Eingangssignal eine entsprechende Mindestamplitude hat. Wie in einem späteren Kapitel im Zusammenhang mit der Fourier-Transformation noch näher erläutert wird, führen scharfe Kanten in einem Audiosignal zu sehr vielen Obertönen. Im digitalen Bereich ist dies zumeist aufgrund des dadurch kaum vermeidbaren 'Aliasing' bei hohen Eingangsfrequenzen unerwünscht.
Auch in der analogen Verstärkertechnik haben Transistoren, die zur Verstärkung verwendet werden, bei Übersteuerung ein ähnliches Clippingverhalten (Die Transferfunktion nennt man bei Transistoren die 'Kennlinie'). Die historisch älteren Röhrenverstärker verwenden Röhren anstatt Transistoren, die eine sehr viel weichere Kennlinie aufweisen. Das wird aufgrund der weniger promineten hohen Partialtöne zumeist als klanglich 'wärmer' und angenehmer empfunden.
Um diesen Effekt zu simulieren, wird daher auch im digitalen Bereich für Verzerrereffekte eine weichere Kennlinie, wie man sie beispielsweise mit der 'Tangens Hyperbolicus' Funktion erreicht, verwendet. Die untere Zeile von Abbildung 5.3, „Simulation eines analogen Verzerrers mit Waveshaping“ zeigt die daraus resultierende Veränderung des Ausgangssignals gegenüber dem ersten Beispiel. Es ist deutlich zu sehen, dass das Spektrum dieses Signals im Vergleich zum Spektrum des oberen Signals weniger ausgeprägte Obertöne der Grundschwingung enthält. Man spricht im ersten Beispiel auch von 'hard clipping', im zweiten Beispiel von 'soft clipping'.